Menschenverachtendes Schweigen

… Schweigen in Worte gefasst …

Es gibt viele Menschen, die in dein Leben treten. Was sie darin anstellen, ist abgrundtief unterschiedlich. Von manchen Individuen könnte ich tagelang schwärmen, weil ich regelrecht hingerissen von ihnen bin. Sie sind wundervoll, wahnsinnig intelligent, wunderschön, gütig und bezaubern mich einfach mit einem einzigen Lächeln. Und ich bin dankbar, dass es sie gibt. Denn sie helfen mir, Kurs zu halten, wenn die Anderen mich wütend machen und an allem zweifeln lassen.

Denn auch sie gibt es. Die Anderen. Die, die eigentlich nur Schweigen verdienen. Doch zu viel Schweigen tut nicht gut, oder?

Von ihnen gibt es verschiedene Exemplare. Am liebsten sind mir die, die sich nach Jahren vermeintlich toller Freundschaft als Ärsche entpuppen. Vieles kann eine Frau aus dem Gleichgewicht bringen: eine unvorhergesehene Trennung von dem Mann, den Sie liebt; festzustellen, dass Sie nur eine unbedeutende Affäre ist; Unfälle und charmante Erkrankungen wie Zysten in der Brust. Aber all das ist Kinderkram gegen die Erkenntnis, dass ein Freund, dem man alles anvertraut hat, einen plötzlich wie einen Gegenstand behandelt. Wie etwas, das man besitzen kann.

Weil man sich kennt und vertraut ist, meint dieses Etwas von pseudo Freund, es könne über einen herfallen. Mit allem Recht. Es habe ja vor, einen glücklich zu machen. Und ehrenhaft ist ja auch alles, nur weil eine Beziehung dabei rauskommen soll. Was für ein Bullshit! Kein Werben um die Gunst der holden Maid, keine sanfte Annäherung, kein Klären, ob es denn überhaupt Zukunft haben könnte. Bloß ein aus der Luft gegriffener Besitzanspruch.

Dabei ist für Sie so eindeutig klar, dass Sie ihn in einer Beziehung brechen würde wie einen trockenen Ast. Das ist ja das schöne an einer Freundschaft: man lernt einander kennen. Und weiß, dass man Dinge braucht, die der andere niemals verwirklichen könnte. Sogar, dass er Angst davor hat und Menschen, die so sind, eigentlich verurteilt. Für die Freundschaft kann man darüber stehen und es ignorieren. Es gibt Wichtigeres. Doch wenn eine Beziehung amoröse Züge annehmen soll – muss da auch ein gemeinsamer Nenner zu finden sein.

Und während er sich damit brüstet, wie rein und unschuldig er ist und was er alles verteufelt, sitzt Sie da und denkt voller Sehnsucht an viel von diesem „Schund“. Denkt an den letzten wundervollen Mann, der sie für wenige Tage auf Händen getragen und in den siebten Himmel befördert hat, indem er alles andere als ein netter Junge war.

Doch diese Gedanken auszusprechen wagt Sie nicht, da solche Dinge besser Geheimnisse bleiben. So steht sie als oberflächliche Zicke da, die ihren guten Freund nur nicht ran lässt, weil er „nicht gut genug“ ist. Doch das ist immer noch besser, als für alle Zeiten öffentlich gebrandmarkt zu sein, denkt Sie.

Die Frage bleibt allerdings, warum Sie es immer verständnisvoll akzeptiert hat, wenn ein Mann Sie abgewiesen hat – während Männer, die ihre Bedürfnisse nicht erfüllen können, sich standfest anmaßen, regelrecht Ihr Traummann zu sein. Da es nicht verstanden wird, schweigt Sie lieber dazu. Was gibt es auch zu sagen? Warum muss Frau überhaupt mehr sagen, als „nein“? Und warum akzeptieren es die angeblichen guten Männer nicht, während die gesellschaftlich verurteilten sich zärtlichst darum bemühen, ein Okay für die Werbung zu erhalten?