Was macht einen Menschen gut? Was macht einen Menschen schlecht? Sind es wirklich kleine Details, die alles andere ausradieren und einen Menschen von der einen auf die andere Seite verbannen können?
Ich tue es hier absichtlich nicht; das Wort Gutmenschen verwenden! Das ist ein Wort, das ich zutiefst verabscheue. Dennoch muss ich mir Heute Luft machen. Eigentlich schon seit einer Woche – aber bisher war ich zu wütend, um meine Gedanken in klare Wort fassen zu können.
Angefangen hat vor Monaten alles mit einem Facebook-Post über ein Fell, das als Tischdekoration verwendet wurde. Ich war verwundert, da der Mann, der es auf diese Art nutzte, bekannter Veganer ist. Es gab sogar die Aussage, dass Tierliebhaber ihn dann eben nicht mehr besuchen dürften.
Es stellte sich heraus, dass das Fell von einem „glücklichen Kaninchen“ kam. Auf jeden Fall nicht aus einer Pelztierfarm. Damit war ich erst einmal versöhnt. Obwohl? Obwohl ich die Aussage von einem Veganer – dann dürfen Tierliebhaber nicht mehr zu Besuch kommen – immer noch grenzwertig fand. Aber ich wollte keinen Streit anfangen. Also schwieg ich still.
Gleiche Gruppe, gleicher Mann, eine Weile später: Ein Post zu dem Thema Tierleid in der Michproduktion. Sehr innovativ, da gerade der Skandal auf dem Hof in Bayern publik war. Er sagte aus, dass er sich so wohl fühle, keine Tiere leiden zu lassen, da er vegan lebe und nur Mandel- und Sojamilch trinke. Eine Kuh sei ihm mehr Wert, als ein Mensch, der Milch trinkt.
Jetzt möchte ich vorweg sagen, dass ich aus einem nachhaltigen Elternhaus komme. Bei uns wurde immer darauf geachtet, dass wir die Welt nicht zu Grunde richten. Uns Kindern wurde früh gezeigt, woher das Fleisch, die Eier und die Milch kamen, die wir gegessen haben. Es wurde ebenfalls auf Produkte von benachbarten Bauern geachtet, um Bauer und Tier zu kennen – wie mein Opa damals schon immer sagte. Es war auch immer klar, dass Tiere nicht weniger Wert sind als Menschen. Das war ein Thema, das bei uns Zuhause nie in Zweifel gezogen wurde.
In dieser Gruppe wurde der Schrei nach Gerechtigkeit nun sehr schnell sehr laut. Wir Fleischesser und Milchtrinker sind alle Untermenschen. Viel weniger Wert, als jedes Tier. Bei solchen Aussagen sträuben sich mir die Haare. Eine Rangordnung? Wirklich?
Damit aber nicht genug. Nein, wie das häufig so ist, wenn Veganer sich zusammen raufen: man hasst sich schön durch die Reihen derer, die nicht auf alles verzichten. Wir zerstören die Welt und lassen Tiere für unser persönliches Wohl leiden. Und das mit lachendem Herzen – da wir empathielos sind. Außerdem ist es unnatürlich, sich von tierischen Produkten zu ernähren. Wieder einmal wurde angeführt, wie toll man sich körperlich und Karma-technsich fühle, wenn man auf Mandelmilch und Sojaprodukte umsteige. KEINERLEI Tierleid und Gefahr für die Welt.
Aber das stimmt leider nicht. Ich sage leider, da es mich ehrlich freuen würde, wenn man in unsere überbevölkerten Gesellschaft ein Ernährungskonzept entwickeln könnte, das der Welt nicht schadet.
Zum Thema Soja weiß man jedoch:
Für die benötigte Ausweitung der Ackerfläche für Sojaanbau wurden und werden immer noch riesige Wald- und Savannenflächen umgewandelt. Von 2000 bis 2010 wurden 24 Millionen Hektar Land in Südamerika zu Ackerflächen. So gehen einzigartige Lebensräume für Pflanzen und Tiere verloren, fruchtbarer Boden wird zerstört und Wasser verseucht.
Für den Soja-Anbau wurden und werden Urwälder abgeholzt und es entstehen riesige Monokulturen mit all ihren negativen Auswirkungen für die Umwelt.
Fakten zum Thema Mandeln:
Für die Entwicklung einer einzigen Mandel sind vier Liter Wasser nötig. Kalifornien versorgt fast allein den gesamten amerikanischen Markt und zudem vier Fünftel vom Rest der Welt mit den Früchten. Das Marktvolumen für Mandeln hat sich binnen zehn Jahren vervierfacht, die Anbaufläche hat sich in der Dekade verdoppelt. Selbst die drei Dürrejahre haben den Ausbau des Anbaus nicht gebremst. Der Wasserverbrauch allein für die exportierten Mandeln würde reichen, um Los Angeles Bürger und Unternehmen für drei Jahre mit Wasser zu versorgen. Um das nötige Wasser zu bekommen, wenden sich die Farmer allerdings in der Regel nicht mehr an die öffentliche Wasserversorgung, sie bohren Brunnen. Damit senken sie womöglich den Grundwasserspiegel. Einige Experten fürchten nun, dass sich Kaliforniens Wasserprobleme kulminieren könnten. Die trockenen Jahre könnten ein Vorbote einer Megadürre sein, das Wasser wird schon knapp, bevor es richtig ernst wird in Kalifornien.
Aus dem oben genannten Grund ist Mandelmilch als Ersatz für Milch nicht nachhaltig. Im Gegenteil, sie schädigt die Umwelt sogar.
Und nun noch ein Herzensthema von mir: die Biene!
Es dürfte den meisten inzwischen bekannt sein, dass die Welt ein ernsthaftes Problem mit Bienensterben hat. Ich liebe diese kleinen freundlichen Racker, die fröhlich summen und mir bisher jeden Sommer durch ihren Sound und ihren Anblick versüßt haben. Nur braucht man leider auch Bienen, um die Mandelbäume zu bestäuben. Ist nicht schlimm? Das machen die Bienen doch gerne? Nein. Dadurch, dass die Mandelplantagen als Monokulturen angelegt sind, auf denen so gut wie nichts anderes wächst, sind sie für wilde Bienen absolut nicht als Lebensraum geeignet. Statt Wildbienen, die freiwillig kommen, werden zu jeder Mandelplantage Bienenvölker kutschiert. Wie in riesigen Viehtransporten, die wir doch wohl inzwischen alle einheitlich ablehnen. Bienen zu tausenden in LKWs eingesperrt. Über Tage, da die Imker sie quer durch Amerika fahren, um immer mehr Plantagen zu bestäuben. Angekommen am Ort der Bestäubung sind nicht selten Tausende der Bienen tot. Elend gestorben, um Mandeln für tierfreundliche, vegane Mandelmilch zu bestäuben!
Die meisten werden sich das nicht zu Herzen nehmen wollen, da es zu grausam ist. Aber ich hoffe dennoch, dass sich wenigsten ein paar Menschen Gedanken darüber machen, woher die angeblich guten Produkte ohne Tierleid kommen.
PS: Ich kenne die Kuh, von der meine Milch kommt. Sie steht in der Nachbarschaft auf einer wunderschönen grünen Weide.
PPS: Warum ich mir hier Luft mache und das nicht in besagter Gruppe angesprochen habe? Weil ich nach nur einem Kommentar, der nicht mal besonders anklagend war, für 24 Stunden blockiert wurde. So viel zu „Deutschland ohne Zensur“. Aber das ist ein anderes Thema.